Mithilfe der Kenntnis der Netzzustandsverteilung lassen sich gezielte Optimierungsmaßnahmen identifizieren und die Netzzustände so realisieren, dass diese robust gegenüber Abweichungen in der Prognose sind.

Die meistens von Netzbetreibern eingesetzten Prognosen zur Vorhersage von Erzeugung und Verbrauch sind Erwartungswertprognosen ohne Informationen über die Unsicherheit der Prognosen. Die Netzbetreiber können das Risiko für Prognosefehler im Voraus schwer abschätzen und dies kann zu Problemen im Netzbetrieb führen, wenn sich die Erzeugungs- und Lastsituation doch anders einstellt als erwartet. Die probabilistische Netzzustandsprognose (K-ES NZP), welche in der 1. Leuchtturmrunde des K-ES Ende 2020 entwickelt wurde, geht auf dieses Problem detailliert ein (NZP). Es wurde eine Methode zur Verwendung von ensemblebasierten Vorhersagen entwickelt, welche für resultierende Netzzustände eine Wahrscheinlichkeitsverteilung als Ergebnis generiert. Auf Basis der K‑-ES NZP sollen in diesem Projekt die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Netzsituationen auf Basis von Ensembleprognosen modifiziert werden.  Die Wahrscheinlichkeit für „ungewünschte“ Netzzustände soll mithilfe der Optimierung minimiert und für „gewünschte” Netzzustandswahrscheinlichkeiten maximiert werden.

Das Projekt ist interessant für: Netzbetreiber, Stadtwerke, Betreiber von Windenergieanlagen und PV

Dr. Sebastian Wende-von Berg

Fraunhofer IEE

+49 561 7294298

Ziele

  • vorausschauende Bestimmung optimaler Schalterstellungen unter Unsicherheiten aufgrund von Prognosen
  • Abstände zu Grenzwertverletzungen sollen auf Risikobasis maximiert werden, ohne die Wirkleistung zu stark zu ändern.
  • Optimale Dimensionierung von Engpassmaßnahmen (wie z.B. Redispatch 2.0) unter Berücksichtigung von Eintrittswahrscheinlichkeiten
  • Anzahl der Schalthandlungen, die für einen gewünschten Zustand nötig sind, möglichst geringgehalten

Methoden

  • Die Berechnung der Prognosewahrscheinlichkeiten der Wind- und PV Leistung für die nächsten Stunden und Tage basiert auf Wetterprognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Diese Prognosen werden mit physikalischen Modellen von Wind- und PV-Parks auf einem Gitter in Leistung umgerechnet. Für die Standorte werden die Werte mit Radialen Basisfunktionen interpoliert. Zur Erzeugung der Wahrscheinlichkeitsverteilung werden die Ensemblemodelle des DWD verwendet.
  • Graphen basierte pre Analyse zur Reduzierung der möglichen Topologie Änderungen.
  • Reinforcement Learning (Deep-Q) basierter Algorithmus zur Erlernung der Schalterstellungen in Abhängigkeit von Netzzuständen.
  • Wenn ein kritischer Netzzustand vorliegt, wird der RL Algorithmus mit allen Ensembleprognosen gestartet. Das Ergebnis sind mehrere verschiedene neue Topologien und die Topologie mit der geringsten Überlastungswahrscheinlichkeit (oder geringsten Topologie Änderung) wird dem Betreiber zurückgemeldet.

Beschreibung des Projektablaufs

  • Vereinfachung der Netzdaten und Prognosedaten für erste Optimierungsanwendungen
  • Entwicklung von selbstlernenden Algorithmen und Definition der Lernumgebung
  • Durchführung des Selbstlernens und erste Anwendung auf Netzzustände
  • Analyse und Aufbereitung der Ergebnisse und Darstellung für die geplante wiss. Veröffentlichung in einem Journal
  • Verschriftlichung der Ergebnisse und Einreichen eines Papers

Detaillierte Beschreibung des Projektablaufs

  • Die probabilistische Netzzustandsprognose (K‑ES NZP), welche in der 1. Leuchtturmrunde des K‑ES Ende 2020 entwickelt wurde, geht auf dieses Problem detailliert ein. Es wurde eine Methode zur Verwendung von ensemblebasierten Vorhersagen entwickelt, welche für resultierende Netzzustände eine Wahrscheinlichkeitsverteilung als Ergebnis generiert. Somit hat ein Netzbetreiber nun die Möglichkeit, nicht nur den wahrscheinlichsten Netzzustand zu prognostizieren, sondern erhält auch Kenntnis über weniger wahrscheinliche, aber dennoch relevante Netzzustände. Mit dieser Information lassen sich nun Entscheidungen für den operativen Netzbetrieb umfassender treffen. Netzbetreiber „sehen“ nun, ob es z.B. neben der für das wahrscheinlichste Szenario vorhergesagten Leitungsauslastung auch noch weitere Szenarien gibt, in denen es z.B. keine Überlastungen oder sehr starke Überlastungen gibt. Somit hat der Netzbetreiber die prinzipielle Möglichkeit, auch nicht so wahrscheinlichen Netzzuständen prädiktiv im Vorfeld entgegenzuwirken, sollten diese nicht gewünscht sein aufgrund von beispielsweise Grenzwertverletzungen.
  • Die Wahrscheinlichkeit für „ungewünschte“ Netzzustände soll mithilfe der Optimierung minimiert und für „gewünschte” Netzzustandswahrscheinlichkeiten maximiert werden. Dazu sollen im ersten Schritt primär Schalthandlungen zur Optimierung genutzt werden. In einem zweiten Schritt sollen dann, unter teilweise Ausnutzung der Vorarbeiten der K‑ES Projekte KI-OPF1 und KI-OPF2 aber auch Möglichkeiten der Leistungsflussoptimierung mittels Wirk- und Blindleistung (P und Q) evaluiert werden.
  • Ziel ist eine vorausschauende Bestimmung optimaler Schalterstellungen unter Unsicherheiten aufgrund von Prognosen, so dass ein robuster Netzzustand realisiert werden kann. Des Weiteren sollen auch Abstände zu Grenzwertverletzungen auf Risikobasis maximiert werden, ohne die Wirkleistung zu stark zu ändern. Dieses führt zu einem stabileren Netzzustand, der robust gegenüber Änderungen ist. Bei der Reduktion von unerwünschten Netzzustandswahrscheinlichkeiten kann dann auch der Einsatz von Wirkleistung monetär bewertet werden. Somit lässt sich die Sicherheit des Netzzustandes mit Kosten quantifizieren. Allgemein soll die hier vorgeschlagene Methodik die Entscheidungsfindung beim Netzbetrieb unterstützen. Ziel ist es, optimale Entscheidungen zu finden. Die zur Netzmodifikation genutzten Maßnahmen sollen allerdings auch strengen Kriterien unterliegen (z.B. soll die Anzahl der Schalthandlungen die für einen gewünschten Zustand nötig sind, möglichst gering gehalten werden).

Projektpartner

Fraunhofer IEE

  • Arne Wessel
  • Mike Vogt
  • Kurt Brendlinger
  • Malte Siefert

Universität Kassel

  • Bei diesem Projekt haben wir mit dem Lehrstuhl „Energiemanagement und Betrieb elektrischer Netze“ (e²n) von der Uni Kassel zusammengearbeitet. Der Lehrstuhl hat eine besondere Expertise im Bereich Einsatz von KI in Stromnetzen.
  • Marcel Dipp, marcel.dipp@uni-kassel.de
  • https://www.uni-kassel.de/eecs/e2n/startseite

Veröffentlichungen / Weitere Informationen

  • geplante Veröffentlichung der Ergebnisse in einer referierten Fachzeitschrift

Laufzeit des Projektes

01.12.2021 – 30.06.2022

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